Der Hermann - 31 km über Stock und Stein

11:05 Melissa 0 Comments



Wer meinen Blog im letzten Jahr verfolgt hat, wird mitbekommen haben, dass ich dem Laufen voll und ganz verfallen war. Jede Woche habe ich mehrmals regelmäßig meine Laufschuhe geschnürt und hab mich auf den Weg in den Wald gemacht. Besonders das sonntägliche Programm, mit meiner besten Freundin vor dem Frühstück eine kleine 5 Kilometer Runde Laufen zu gehen, hat mir einfach unheimlich gut getan und wir haben es nur selten nicht geschafft. Ich hatte mir ja im letzten Jahr schon eine neue Herausforderung rausgesucht und bin zusammen mit meinem Mann die 18 Kilometer beim Böckstiegellauf mitgelaufen. Damals hatte ich mir gesagt: „Wenn du DAS schaffst, dann läufst du im nächsten Jahr den Hermannslauf mit!“ … Nun ja, ich hatte es geschafft und so stand ich Anfang des Jahres vor der Entscheidung: Laufen oder nicht?!
Der Hermannslauf ist DER Lauf in Ostwestfalen und als Bielefelder Läufer musst du einfach mindestens einmal dabei gewesen sein! Die Strecke führt durch den wunderschönen Teutoburger Wald, mit vielen Höhen und Tiefen, vom Hermannsdenkmal in Detmold bis zur Sparrenburg in Bielefeld. Ich meine, kann man sich einen cooleren Start- und Zielpunkt vorstellen?!?
Ich war sehr hin und her gerissen, denn der Lauf ist nichts für schwache Nerven wurde mir immer wieder gesagt und von 18 Kilometern (meine bis dahin längste Strecke am Stück) ist halt doch noch deutlich weniger als 31 Kilometer. Viele Besprechungen mit meinem Mann und einer lieben Arbeitskollegin, die auch Interesse hatte folgten und wir entschieden uns dann letztendlich dafür uns anzumelden. Man muss hierbei schnell sein, denn die vielen tausend Plätze sind innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. So saßen wir also Mitte Januar alle um Mitternacht vor unseren Laptops und haben uns direkt mit freischalten des Online-Formulars angemeldet. Danach war mir erst mal kurz schlecht!!


Uns bilden danach noch 3,5 Monate zum trainieren. Leider war uns das Schicksal nicht gut gestimmt und so hatten wir ein bisschen Pech, was die Gegebenheiten angingen. Kurz nach der Anmeldung fegte Sturmtief Frederike durch Bielefeld und Umgebung und hat verdammt viel Zerstörung in den umliegenden Wäldern angerichtet. Resultat: Die Wälder waren bis Ende Februar/ Mitte März gesperrt und wir mussten uns alternative Routen suchen. Da ich direkt am Wald wohne war dies gar nicht so einfach und dazu kommt noch, dass ich echt kein Freund vom Laufen in der Stadt bin und die Motivation darunter ganz schön gelitten hat. Nachdem der erste Frust weg war und ich mich mit den Gegebenheiten abgefunden hatte, habe ich doch ganz schöne Wege durch unsere Stadt gefunden, da dann wenigsten schon die Parks wieder frei gegeben waren. Es folgten 2-3 Wochen super kaltes Wetter mit auch tagsüber Minusgraden. Aber überraschenderweise haben diese Temperaturen mir gar nichts ausgemacht. Ich bin eine richtige Winterläufern geworden und hatte tatsächlich den besten Lauf bei -2 Grad und Schneeschauer (18 km/ 1:45h) und ich habe in dieser Zeit nichts besser gefunden als so richtig durchgefroren nach Hause zu kommen und dann in die heiße Badewanne zu steigen. Tatsächlich habe ich mich nie nach diesen Läufen erkältet, man darf halt nur nie ganz kalt werden und schnell genug unter die heiße Dusche kommen. Mitte März hat es mich dann aber doch erwischt und ich habe mir eine Erkältung eingefangen. Bei meinem Job im Kindergarten wäre es auch wirklich ein Wunder, da ganz ohne Schnupfen durch den Winter zu kommen. Nichts Großes, aber ich musste doch einige Tage aussetzten und dann ist es für mich tatsächlich immer ein bisschen wie von vorne anfangen. Anfang April bin ich dann einmal einen 21 Kilometer lauf im Wald unter ähnlichen Profilbedingungen wie beim Hermann gelaufen und das war‘s. Danach gab es nur noch kleine Runden von bis zu 12 Kilometern um Ende April auf keinen Fall ausgebrannt zu sein.
Und dann kam das letzte Wochenende im April. Samstag haben wir drei unsere Startnummern im Gymnasium abgeholt und man konnte das kribbeln schon richtig spüren. Alle waren aufgeregt und summten hin und her. Wir verabredeten uns mit meiner Kollegin für den nächsten Morgen und waren voller Vorfreude… oder doch eher Sorge!?!


Sonntag ging es dann früh los. Erst mit dem Fahrrad in die Stadt und von da aus fuhren wir zu dritt mit einem der vielen Shuttlebusse nach Detmold. Die eine Stunde Fahrt überstanden wir mit gemischten Gefühlen. Ich hatte zuvor vor Aufregung nicht viel essen können und trotzdem fühlte sich das bisschen Porridge in meinem Magen an wie ein Stein. Oben am Denkmal angekommen hatten wir schnell gefunden von wo wir starten müssen und dann konnten wir nur noch warten, dass es endlich los geht. 


Die Stimmung war super, wir standen natürlich im hinteren Drittel, wo alle standen die nur aus Spaß an diesem Lauf teilnahmen. Dann kam der Startschuss und auf einmal war meine Aufregung wie weggeblasen. Frei nach dem Motto: „Irgendwie kommen wir schon ins Ziel und wenn wir den Rest gehen ist auch nicht schlimm“ haben wir die Startlinie überschritten und ab da gab es kein zurück mehr. Der erste Kilometer vielleicht auch die ersten zwei Kilometer verläuft die Strecke eigentlich nur bergab. Es war SO voll, dass wir leider die meiste Zeit gehen mussten. Von einer anfänglich breiten zweispurigen Straße ging es nämlich nach dem ersten Kilometer auf einen doch deutlich schmaleren Schotterweg und da war das einfädeln anscheinend gar nicht so leicht. So dauerte es auch nicht lange und der erste Krankenwagen fuhr an uns vorbei. Es erinnerte uns wieder daran, wie vorsichtig wir sein müssen, denn der Weg ist oft holprig und Unachtsamkeiten können dir schnell das Genick brechen. Das Tempo war also sehr niedrig und es ging mir ein bisschen auf die Nerven, dass ich mich nicht freilaufen konnte. Ich kam schlecht in ein gleichmäßiges Tempo rein, denn es war einfach so wuselig. Der erste steile Anstieg kam so bei Kilometer 7 und ich war hochmotiviert. Leider wurde ich auch hier stark ausgebremst, denn die anderen Läufer sind gerne in vierer Reigen den Berg hochgegangen und man hatte einfach keine Chance daran vorbei zu kommen. Meine Kollegin hatten wir im Gedränge leider schon verloren und so haben mein Mann und ich beschlossen, dass es das wichtigste ist, dass wir zusammen bleiben und heile im Ziel ankommen. Bis Kilometer 14 lief es wirklich sehr gut und ich fing an eine große Klappe zu haben. „Ich weiß gar nicht was alle haben, is doch ganz easy!“ Habe ich zu Max gesagt und wurde kurz danach eines besseren belehrt. Der Anstieg bei Kilometer 15 ungefähr war echt zu hart für mich und ich ging ihn freiwillig. Die Stimmung war einfach toll… der Weg war gesäumt von vielen Leuten die uns immer wieder angefeuert haben und das hat mir vor allem im letzten Drittel des Laufes super geholfen. Denn ab Kilometer 21 war bei mir dann doch die Luft etwas raus. Ab da war die Psyche ein bisschen mein Feind und ich hab mich einfach nur gefragt was ich hier überhaupt mache. Im letzten Drittel sind einige Treppenanstiege zu bewältigen und die haben mich aus meinem gefundenen Trott raus gebracht. Als dann ab Kilometer 25 auch noch mein linkes Knie anfing richtig Probleme zu machen, war die Motivation bei Null angekommen. Ich musste immer wieder gehen und gerade bergab hatte ich starke Schmerzen. Ich war kurz davor aufzugeben und zu sagen „Macht was ihr wollt, ich gehe den Rest, is mir alles egal!“. Drei Kilometer vor dem Ziel saßen dann aber meine beste Freundin und ihr Freund und haben uns zugejubelt. Wir haben uns kurz ein bisschen Mut und Zuversicht abgeholt und dann hieß es richtig die Zähne zusammen zu beißen. Es ging nicht mehr viel und viel mehr als 500m am Stück laufen war bei mir echt nicht mehr drin. Die beiden sind mit dem Rad neben uns her gefahren und haben mich quasi ins Ziel rein gepeitscht, wer weiß wann ich sonst angekommen wäre :D
Ich war so überglücklich als ich endlich die Promenade und die Burg sehen konnte und bin mit letzter Kraft durchs Ziel gelaufen… Aber mit Maxi und mit einem Lächeln! Und genau in dem Moment war alles egal und ich hab gedacht! „Gar kein Problem, nächstes Jahr gleich nochmal!“… 


Wir haben uns unsere Medaillen abgeholt, meine Familie gefunden, etwas getrunken und gegessen und dann fing das schlimmste des Tages an: Ich musste zu meinem Fahrrad kommen und es trennten mich 1,5 Kilometer steile, bergab gehende Kopfsteinpflaster-Straße von meinem Rad. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ich diese Straße runter geeiert bin :D Ich musste gestützt werden, weil mein Knie einfach so weh tat und einfach seinen Dienst verweigert hat.
Ich kann euch aber sagen, dass das Knie schon am nächsten Tag nicht mehr weh tat und der Muskelkater auch nach 5 Tagen langsam nachließ…


Und heute?! … Ich habe meinem Körper ein bisschen Pause danach gegönnt und sogar noch ein bisschen länger vom Laufen. Nach drei Wochen bin ich dann das erste Mal wieder Laufen gegangen und leider hat sich dabei raus kristallisiert, dass mein Knie doch noch nicht so fit ist. Nach ca. 3 Kilometern fängt es immer stark an zu schmerzen und spätestens nach 4 Kilometern muss ich das Ganze leider aufgeben. Ich bin seit dem 4-5 Mal Laufen gewesen und immer nach ca. 4 Kilometern geht nichts mehr. Nun habe ich seit 6 Wochen absolute Laufpause und seid 3 Wochen Sportpause und ich hoffe, dass ich nach dem Urlaub wieder anfangen kann. Ich werde es langsam angehen lassen und erst mal nur drei Kilometer oder so gehen, aber ich vermisse es schon sehr. Drückt mir also die Daumen, damit ich nicht doch zum Arzt muss.


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